"Himmelsgruß" - unser wöchentlicher Impuls


Jede Woche gibt es hier Gedanken zu einer Sonntagslesung zum Lesen - vorbereitet von einem*r Neuhauser Seelsorger*in.


Sonntag, 21. April 2024 - Dummes oder kluges Schaf?

 

„Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt setzt sein Leben ein für die Schafe. Ich bin der gute Hirt. Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich setze mein Leben ein für die Schafe.“ (Joh 10, 11.14-15)

 

 

Foto: Pixabay

 


Zu den kraftvollen Bildern der Jesusbewegung, die wir Kirche nennen, gehört wie ein kostbarer Schatz das Bild vom guten Hirten: Jesus, der gute Hirt, der sich um seine Schafe kümmert, um sie weiß und der ihnen nachgeht. Jesus, der keine und keinen im Stich lässt und niemanden verloren gibt. Damit erinnert Jesus an die Sorge Gottes für die Menschen.

 

Doch tröstet das und hilft uns das? Wer gibt uns heute Sicherheit und Schutz, gerade auf dem Hintergrund der Erfahrung, dass genau das in der Kirche auf übelste Weise verraten wurde?

 

Wer ist ein guter Hirt? Seine Stimme ist dabei wichtig. Er kennt die Einzelnen und ruft jede und jeden beim Namen. Und sie erkennen ihn am Klang seiner Stimme und folgen ihm. Mit diesem Bild von Vertrauen und Bindung ist auch Verantwortung füreinander verbunden.

 

Kann ich mich so auf jemanden verlassen, ihm so vertrauen? Und werden die, die sich Hirten oder Oberhirten nennen, ihrer Verantwortung gerecht?

 

Wenn wir uns auf Jesus, den guten Hirten einlassen, bleiben wir nicht automatisch verschont von Krankheit, Elend, Tod oder auch Krieg. Aber wir vertrauen auf die Zusage des guten Hirten: Ich gehe dir voraus, ich bleibe an deiner Seite, ich gehe mit dir durch die Gefahren hindurch.

 

Der moderne Mensch will nicht das willenlose Schaf einer Herde sein. Eine Verkündigung, die sich begnügte mit der Aufzählung von Geboten und Verboten, führte zu dem Gefühl, dass der christliche Glaube unfrei macht, und viele Menschen lösten sich aus dieser empfundenen Unfreiheit. Aber nicht jeder Hirt ist ein Tyrann, und nicht immer ist ein Leben, in dem ein anderer für mich sorgt, ein Zustand der Unfreiheit.

 

 

Wer sich in den Händen des guten Hirten weiß, wie ihn das Evangelium umschreibt, muss nicht um seine Freiheit fürchten Dieses biblische Bild möchte ein Gefühl der Geborgenheit vermitteln. Und der hier beschriebene Gott ist ganz offensichtlich nicht ein Machtbesessener, sondern dieser Gott ist ein Liebender, ein Sorgender, ein Aufmerksamer. Und davon können wir nie genug bekommen. 

Raphael Steinke

Pfarrer von St. Laurentius

(Foto: Matthias Rößner)