"Himmelsgruß"  - unser wöchentlicher Impuls


Jede Woche gibt es hier Gedanken zu einer Sonntagslesung zum Lesen - vorbereitet von einem*r Neuhauser Seelsorger*in.

Himmelsgruß zur Kreuzerhöhung, 14.09.2025


Das Fest „Kreuzerhöhung“ am 14. September unterbricht in diesem Jahr die Reihe der Sonntage im Jahreskreis. Wie eine Gedankenbrücke klingt dazu dennoch das herausfordernde Wort Jesu vom vergangenen Sonntag noch im Ohr: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,25ff).

 

Ich konnte am vergangenen Sonntag – nachdem ich Vormittag im Gottesdienst beim Evangelium diesen Satz (vor-) gelesen hatte – eine Vorstellung der noch laufenden Passionsspiele in Erl/Tirol besuchen: nach der Eingangsszene der Geburt Jesu in Bethlehem taucht in dieser Inszenierung an entscheidenden Wegmarken auf dem Kreuzweg an der Seite Jesu immer wieder ein Kind auf: es nimmt Jesus an der Hand und führt ihn weiter, letztlich hilft es Jesus das Kreuz zu tragen. In diesem Kind begegnet Jesus sich selbst, wie er als Zwölfjähriger seine ihn suchende Eltern tröstet: „Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?“, um in eben diesem Hause, dem Tempel, einige Jahre später auch den Schriftgelehrten zu erklären: „Ich bin gesandt, um den Armen eine frohe Botschaft zu bringen!“ Diese Erinnerung an seinen Auftrag also hilft ihm trotz aller Verzweiflung das Kreuz zu tragen.

 

Für die Christen in den ersten Jahrhunderten war der Kreuzestod Christi mit Entsetzen und Unverständnis verbunden; für sie war das Kreuz noch kein herzeigbares Siegeszeichen. Erst mit der Konstantinischen Wende im 4. Jhd. änderte sich das und man begann in Jerusalem im 5. Jhd. in der Auferstehungskirche den Menschen das Kreuz feierlich zu zeigen, was sich in der gesamten Kirche ausbreitete.

 

In der szenischen Darstellung von Erl wird dieses mit dem Kreuz deutlich: dass Liebe uns dort begegnet, wo Schmerz und Veränderung zunächst schwer fallen. Gerade in der Bereitschaft zu tragen, zu dienen und auszuhalten, wächst Vertrauen und Zutrauen.

 

Auf unserm Weg des Lebens sind wir eingeladen, Jesus an unserer Seite zu entdecken, der uns begleitet, stärkt, an der Hand nimmt und weiterführt. Das Kreuz wird so zur Einladung, das Herz Gottes in die Welt zu tragen, dort, wo Menschen leiden, wo Schwache Schutz brauchen, wo Hoffnung fehlt.

 

Gottes Erhöhung bedeutet Heilung – für jeden einzelnen, für unsere Gemeinschaft, für die Welt.

Bildquelle: L. Sperrer

 

Menschenaugen, die über dunkle Abgründe hinweg das Kreuz Christi nicht aus dem Blick verlieren. Erhöhtes Kreuz am Kloster und Gedenkstätte des Karmelitinnen-Klosters Maria Regina Martyrum, nahe Berlin-Plötzensee. 



Ludwig Sperrer

Pfarrer in St. Benno

Leiter des Pfarrverbandes St. Clemens und St. Vinzenz